Der Wetterbericht vom Samstagabend gab Anlass zur Freude, war doch sehr gute Thermik für den folgenden Sonntag vorhergesagt. Winfried Deppe und ich hatten für heute einen Teamflug geplant: Wir wollten miteinander in die Rhön – dort war die beste Thermik in der Umgebung gemeldet – und einige Wertungspunkte für unseren Verein in der Bundesliga erfliegen. Wir trafen uns früh am Flugplatz, zogen unsere Flieger aus ihren Hängern, bauten gemeinsam auf und starteten zusammen Richtung Westen.

Schnell zeigte sich, dass die Thermik lange nicht so gut war wie vorhergesagt: Kaum über dem Steigerwald angekommen, bekamen wir nichts als miese Steigwerte. Wir kämpften uns bis zum Luftraum von Frankfurt vor, bei dem wir dann nach Norden Richtung Rhön abbogen. Bei Veitshöchheim gaben wir gegen 13:00 Uhr den Startschuss für unser Bundesligarennen. Waren wir bisher miteinander geflogen, so flog ab jetzt jeder für sich selbst, damit jeder die Stärken seines Flugzeuges optimal ausspielen konnte und keiner den anderen ausbremste.
Ich flog weiter Richtung Rhön, Winfried folgte ab Hammelburg einer Wolkenstraße nach Nordost, die, wie sich im Laufe des Tages zeigte, bis nach Sachsen ragte. Bald stellte sich heraus, dass ich ihm besser gefolgt wäre: Während ich ins große Saufen flog und bei Mellrichstadt in 286m über Grund gerade noch eine Außenlandung verhindern konnte, schoss Winfried mit einer Geschwindigkeit von 147 km/h unter der Wolkenstraße nach Nordosten bis kurz vor Plauen. Aber der Flug bedeutet für die Bundesliga nur einen wertbaren Erfolg, wenn der Heimflug in einem 15 km-Radius um den Bamberger Flugplatz endet.

Mit der Zeit wurde der Wind aus Westen immer stärker und zerriss zunehmend die Thermik; trotz herrlicher Wolkenoptik wurde das Fliegen nun zur Qual. Auf dem Rückweg von Plauen wurde auch Winfried nicht verschont: Mit etwa 25 bis 30 km/h Gegenwind fand er sich in der Nähe von Nordhalben in einer Höhe von 300m über Grund wieder. War seine Durchschnittsgeschwindigkeit auf dem Flug bisher sehr hoch, so musste er sich, wenn er den guten Bundesligaflug retten und den Motor nicht ziehen wollte, wieder aus niedrigster Höhe ausgraben.
Eine halbe Stunde später hatte Winfried zwar wieder Höhe gewonnen, das Wetter hatte sich jedoch nicht verbessert: Die geringen Steigwerte, die zerrissene Thermik und der Gegenwind wollten dem Heimflug immernoch ein frühzeitiges Ende setzen. Winfried entschied sich dazu, keine zusätzliche Höhe mehr zu erkurbeln. Stattdessen wollte er die Höhe, die er hatte, nur noch abfliegen und den Gleitflug nach Hause so weit wie möglich strecken. Er ging das Risiko ein, Bamberg nicht mehr ohne Motor zu erreichen.
Durch die exakte Kalkulation der Flugparameter schaffte Winfried es schließlich, in den 15 km-Radius um unseren Flugplatz einzufliegen. In 14,6 km Entfernung von Bamberg startete er seinen Hilfsmotor und konnte dadurch der Außenlandung entgehen.
Allen Widrigkeiten zum Trotz lieferte er von etwa 1.000 Piloten, die an diesem Sonntag an der Segelflug-Bundesliga teilnahmen, den fünftschnellsten Flug ab. Herzlichen Glückwunsch zu dieser fliegerischen Leistung an Winfried Deppe!