Unsere Fliegerkameraden Sebastian Bruha und Roland Geigenberger nahmen unsere WT9 mit auf einen Wochenendtrip durch Norddeutschland. Näheres erzählt uns Sebastian in diesem Reisebericht.
Schon länger hatten Roland Geigenberger und ich geplant, mal wieder ein paar Tage fliegerisch gemeinsam unterwegs zu sein. Die im letzten Jahr vom Aero-Club angeschaffte Dynamic WT9 kannten wir beide bis dato nur von kürzeren Ausflügen und waren gespannt, wie wir nun unterwegs sein würden. Der Plan, den wir schon zweimal verschieben mussten, war unter anderem Juist und weitere Inseln anzufliegen. Lose hielten wir bei der Flugplanung in der Woche vor dem geplanten Termin die ungefähre Flugroute fest: Bamberg – Nordsee (Ostfriesische Inseln) – Ostsee – Bamberg.
Am Donnerstag 09.09.2021 sagte der Wetterbericht für die nächsten drei Tage fliegbares Wetter voraus und so trafen wir uns abends, um den Flieger vorzubereiten. Getankt, Öl und Kühlflüssigkeit gecheckt bzw. aufgefüllt, Zurrzeug und Putzeimer eingepackt.
Am Freitag gegen 0900 Uhr loc trafen wir uns am Flugplatz, um Richtung Nordwesten aufzubrechen. Der Wind passte für die Startrichtung 03 und wir gingen direkt auf Kurs Höxter-Holzminden EDVI, welches der erste Stopp zum Pilotenwechsel sein sollte. Der Platz war zwar offiziell nur mit dem Gastwirt besetzt und jedes Mal, wenn wir uns im Funk meldeten, kam nur die ATIS-Ansage, aber es war noch eine weitere und, wie sich später herausstellte, in Holzminden stationierte Maschine in der Platzrunde, die uns die Umstände vorab über Funk erklärte. Also landeten wir, die Platzrundenhöhe von 2000 ft konnten wir gerade so einhalten, denn die Wolkenuntergrenze war nicht viel höher. Obwohl das nach 1 Std. 20 Min. Flugzeit natürlich nicht notwendig war, tankten wir nach, man weiß ja nicht, was kommt. Schön, dass wir MoGas bekamen. Wir wollten nun erstmal abwarten, wie sich das Wetter weiter entwickeln würde, denn Richtung Norden sagte auch GAFOR jetzt nur noch D2 – D4 voraus. Nach ca. einer Stunde Abwarten, die wir uns mit Milchkaffee und Kuchen vertrieben, entschieden wir im Hinblick auf die aktuelle Wetterentwicklung, die geplante Flugroute von hinten her abzufliegen. Unser Tagesziel war somit nicht mehr Juist in der Nordsee, sondern Heringsdorf EDAH in Mecklenburg-Vorpommern, direkt an der polnischen Grenze. Als Zwischenstation haben wir Müritz Airpark EDAX gewählt, direkt an der Mecklenburgischen Seenplatte gelegen, ein ehemaliger sowjetischer Militärplatz mit Betonplatten als Piste (2380 m x 50 m), auf der zu Zeiten des Kalten Krieges die Migs starteten. Heute werden Teile des Flugplatzes für Oldtimerausstellungen genutzt und ein weiterer, ebenfalls entmilitarisierter Bereich, auf dem aber die alten Hangars und Shelter noch stehen, wird für Veranstaltungen aller Art bis hin zu Festivals genutzt. In diesem Fall hatten wir in Müritz das Glück, dass wir vom Buffet des gerade stattfindenden Oldtimertreffens profitieren konnten. Nach dieser Stärkung flogen wir weiter Richtung Heringsdorf auf der Insel Usedom. Den am Flughafen Heringsdorf ansässigen Hangar 10 wollten wir schon letztes Jahr besuchen, aber damals machte uns Corona einen Strich durch die Rechnung, die Flugzeug-Ausstellung war geschlossen. Diesmal landeten wir in Heringsdorf Piste 28 – der Quer- und Teile des Endanflugs liegen dabei auf polnischer Seite über Swinemünde – und machten die D-EAWT fertig für die Abstellung über Nacht. Der Besuch des Hangar 10 hat sich allemal gelohnt, wo sonst sieht man live und in Farbe Messerschmitt Bf 109, Focke-Wulf Fw 190, Fieseler Storch, Mustang P-51, Spitfire, Polikarpow Po-2, Bücker Jungmann und Jungmeister. Die Suche nach einem Hotelzimmer gestaltete sich zunächst nicht ganz so einfach, aber am Ende konnten wir den Abend doch mit leckerem Abendessen an der Strandpromenade und Ausflug über die Seebrücke beenden.
Nach dem Frühstück am Samstag ließen wir uns von dem Taxifahrer abholen, den wir schon am Vorabend kennengelernt hatten. Da der Linienverkehr in Heringsdorf am Wochenende erst gegen Mittag beginnt, war der Abflug entsprechend entspannt. Abflug wieder über Piste 28, jedoch war die Wolkenuntergrenze bei 1000 ft AGL. Geplant hatten wir den Besuch des Historisch-Technischen Museums Peenemünde. Die Flugzeit incl. Umrundung des Flugplatzes Peenemünde betrug 20 Minuten bei gerade mal 39 km. Gern angeflogen wären wir über das Wasser, Piste 13, aber wie erwartet war Piste 31 in Betrieb. In Peenemünde kann man am Flugplatz Fahrräder und Autos mieten, die ca. 2 km vom Flugplatz zum Museum fuhren wir also mit dem Fahrrad. Der Besuch des Museums ist wirklich eine Reise wert, man sollte aber ein paar Stunden einplanen – zwei Stunden reichen jedenfalls nicht für diese wirklich gut aufgearbeitete und modern gestaltete historische Anlage mit Kraftwerk, Abschussrampen der V1- und V2-Raketen und weiteren Einrichtungen.
Vom Museum aus haben wir Hotelzimmer auf Wangerooge gebucht, das Samstag-Tagesziel, die ostfriesischen Inseln, noch immer fest vor Augen. Nächster planmäßiger Stopp zum Pilotenwechsel sollte Sierksdorf EDXT sein. Ein kleiner Platz mit 500 x 30 m Graspiste an der Mecklenburger Bucht. Bis auf die etwas holprige Piste relativ unspektakulär, daher ging es nach kurzer Pause auch gleich wieder weiter. Unser Ansinnen, auf die Inseln zu kommen, wurde allerdings kommentiert mit „Na, da habt ihr ja heute noch was vor …“. GAFOR sah mit D1 Richtung Westen gar nicht so schlecht aus, bisher war das Wetter noch nicht besser gewesen. Unplanmäßig landen mussten wir dann tatsächlich in Kührstedt Bederkesa EDXZ, da uns das Wetter mit tiefer Bewölkung und beginnenden Schauern auf den Boden zwang. So lernten wir auf einem weiteren kleinen Grasplatz (580 x 30 m) mit Landung auf Piste 12 zwei nette Fliegerkollegen kennen, die uns schon behilflich waren bei der Suche nach einer Unterkunft, doch nach ca. einer Stunde konnten wir wieder starten und hatten uns Rotenburg/Wümme EDXQ als Endstation ausgesucht, falls es wetterbedingt nicht klappen sollte, auf die nördliche Seite des schlechten Wetters zu gelangen. Schließlich hatten wir immer noch die Hoffnung Juist EDWJ oder Wangerooge EDWG anzufliegen. Dort wartete ja unser Hotel auf uns. Der Start war problemlos und wir versuchten mit Hilfe FIS eine Lücke für den Durchflug zu finden, doch nachdem kein sicheres Durch- oder Überfliegen der Wolken-/Regenfront möglich war, meldeten wir uns ab und flogen unseren Ausweichflugplatz an, was auch der FIS-Controller als sehr vernünftig erachtete. Noch in der Luft veranlasste Roland die Buchung eines Hotelzimmers, sodass die Übernachtung gesichert war. Auf der Asphaltpiste des Flugplatzes Rotenburg fand am Samstag ein Drag Race mit aufgeblasenen Boliden statt, weshalb wir auf der Graspiste 26 landeten, direkt volltankten und die WT für die Abstellung über Nacht fertigmachten. Nach dem Check-In im Hotel ließen wir es uns in dem Restaurant nebenan kulinarisch gutgehen und den vergangenen Tag Revue passieren.
Mit Blick auf die Entwicklung des Wetters entschieden wir noch während des Frühstücks am Sonntag, dass wir die ostfriesischen Inseln, obwohl wir nur 119 km (EDXQ-EDWG) entfernt waren, diesmal nicht anfliegen würden. Stattdessen verbrachten wir noch einige Zeit am Flugplatz und warteten auf Wetterbesserung, während manche Kollegen Platzrunden flogen und uns ab und zu die Wolkenuntergrenze durchgaben. Gegen 1200 Uhr loc kamen wir dann doch los und nahmen Kurs Richtung Münster Telgte EDLT. Nach nur 20 Minuten Flugzeit besserte sich das Wetter stetig und wir kamen gut voran. Telgte hat zwei Fallschirmsprungzonen und nachdem wir gelandet waren, kam auch gleich die Absetzmaschine, eine Cessna Grand Caravan 208B, vom Absetzen zurück. Während wir uns bei Currywurst und Cola stärkten, stiegen die Springer ein und starteten.
Wir machten uns fertig zum Weiterflug Richtung Bamberg und wollten in der Luft entscheiden, wo wir noch einen kurzen Zwischenstopp zum Pilotenwechsel einlegen würden. Im Abflug von Telgte konnten wir dann an der zweiten Fallschirmsprungzone ca. 10 km vom Flugplatz entfernt, der eigentlichen Absetzzone, die Springer beobachten, wie sie am Schirm zu Boden schwebten. Ein wirklich schöner Anblick. Wir legten die Route durch die TMZ von Paderborn EDLP, über Brilon EDKO im Hochsauerland, Korbach EDGK, überflogen die Kontrollzone von Fritzlar ETHF, durch die am Wochenende nicht aktive ED-R97B und wollten in Bad Hersfeld EDEN landen. Aus diesem Plan wurde leider nichts, da wir im Funk keine Antwort bekamen und sich Roland erinnerte, dass ihm in EDEN bereits vor einigen Jahren einmal eine Landegebühr von 30 € abgeknüpft wurde, weil die Betreiber auf diese Weise bewusst Besucher vergraulen. In Ermangelung weiterer Alternativen gingen wir vom Kurs ab und versuchten unser Glück in Lauterbach EDFT. Auch dieser Platz war offensichtlich nicht besetzt, somit flogen wir weiter bis Bad Neustadt EDFD. Hier tauschten wir noch einmal kurz die Plätze und starteten zu dem letzten kurzen Teilstück nach Bamberg, wofür die WT gerade einmal 20 Minuten benötigte. In Bamberg angekommen putzten wir die D-EAWT und ließen den Tag bei einem kühlen Bier ausklingen.
Unterm Strich stehen viel Spaß, eine zurückgelegte Flugstrecke auf direktem Weg von 1.553 km, eine Gesamtflugzeit von 10 Std. 30 Min. in drei Tagen und der Wunsch, die ostfriesischen Inseln doch noch einmal anzufliegen.