Aero-Club Bamberg e.V.

Flugplatz Bamberg-Breitenau

SA / SO / Feiertags

9:00 - SS (max. 19:00 Uhr) lcl

+49 951 45 1 45

Erreichbar bei Flugbetrieb

Zeppelinstraße 18

96052 Bamberg

Welle in Thüringen

Unser Fliegerkamerad Gerhard Herbst ist zum wiederholten Mal auf der Welle im Thüringer Wald geritten. Er erzählt mehr davon in diesem Erlebnisbericht.

Es ist wieder passiert! Welle in Thüringen – 5680 Meter.

Für den 20.10.2021 war eigentlich ein Ausflug auf die Axalp geplant. Aber nachdem mein Co für den Tag gecancelt hatte, war die Lust, 600 km alleine zu fahren, auf Null gesunken. Da kam es mir gerade Recht, daß für diesen Tag in Thüringen eine „Welle“ vorhergesagt war. Am frühen Morgen hab ich nochmal das Wetter gecheckt und mich für den Start in Bamberg und Flug nach Thüringen entschieden. Für den späten Nachmittag war aber eine geschlossene Wolkendecke und Regen über Bamberg möglich. Also war der Flug nicht endlos nach hinten verlängerbar. Diesmal wollte ich nicht wieder in 500m GND in Thüringen ankommen, deshalb hab ich durch längeren Triebwerkslauf mehr Höhe gemacht. Dies führte – auch wegen dem Rückenwind – zu einer Ankunftshöhe von 1650m und unmittelbarem Einflug in die Welle. Das erste Steigen bis 3000m war Kindergeburtstag. Jedoch gab es mir zu denken, daß kein anderer Segelflieger über 3000m stieg. Da ich nur vom Hörensagen wußte, daß es kein offenes Wellenfenster gab, hab ich bei Arnstadt-Info nachgefragt. Dieser bestätigte, daß es bestenfalls mit einer Einzelfreigabe möglich wäre, über 3000m in den Luftraum Charlie zu steigen und wünschte mir dafür „Viel Glück“. Das Augenzwinkern des Flugleiters dabei konnte ich zwar nicht sehen, aber deutlich heraushören.
 

Wellenfenster bei Ilmenau in 1650m
Wellenfenster bei Ilmenau in 1650m

Ich holte mir bei FIS die Frequenz von München-Radar und hörte erst etliche Minuten dem Funkverkehr zu. Die Frequenz war, anders als vor einem Jahr zu Coronahochzeiten, stark ausgelastet, so daß mir der Gedanke kam, das Vorhaben, nach oben in den Airspace Charlie zu kommen, aufzugeben. Als dann eine ungewöhnlich längere Pause kam („ein Engel flog durch den Raum“), drückte ich ohne nachzudenken den PTT-Knopf und sagte meinen Spruch auf: „Munich-Radar, Delta Kilo Echo Bravo Uniform, Glider, 10 Miles south of Erfurt, FL niner five, request climbing FL one tree five“. Sofort antwortete die Controllerin mit: „D-KEBU, squawk Ident!“ Zum Bestätigen kam ich gar nicht, weil schon ein Lufthansaflieger die Frequenz für sich beanspruchte. Also drückte ich den Ident-Knopf, ohne bestätigt zu haben. Dann kam (funkte) noch eine „German-Force“ dazwischen. Innerlich glaubte ich schon nicht mehr an eine Freigabe, als nach ca. 1 Minute die Controllerin mich wieder ansprach: „D-BU, radar contact, Squawk seven four seven five, FL 130 approved, stay tree miles outside of Echo Delta Romeo niner five Alfa“. Yesss! Dachte ich, sagte aber: D-BU, Squawk 7475, FL 130 approved, staying outside ED-R95A.“ Darauf die Controllerin: „D-BU, stay 3 miles outside ED-R95A“. Kleine Ungenauigkeit von mir, aber recht hat sie: „staying out 3 miles, ED-R95A, D-BU“ … und schon war wieder ein Airliner im Funk.

Hatte ich bis hierhin meine Höhe weggedrückt, um ja nicht über FL 99 zu steigen, so ließ ich meinem Vogel jetzt freien Lauf nach oben. Hier fing die Welle erst richtig an und das Vario zeigte zwischenzeitlich mehr als 2m/sec Steigen an. Bereits nach wenigen Minuten meldete ich mich wieder im Funk: „D-BU, FL 125, request climbing FL 150“. Augenblicklich kam die Antwort: „D-BU, one five zero approved“ und weg war sie schon wieder. Einsam zog ich meine Kreise (in Wirklichkeit sind es in der Welle: Achten!)
Inzwischen war bei München-Radar Controllerwechsel. Ein männlicher Controller hatte nun auf der Frequenz das Sagen. Die Arbeitsbelastung des Controllers hatte zwischenzeitlich nochmals zugenommen. Pausen zum Ansprechen gab es kaum mehr, also musste man schnell sein, um zwischen zwei Funksprüchen selbst zum Zuge zu kommen. Aber jedesmal bekam ich eine weitere Feigabe, bis ich schließlich auf FL 190 ankam. Dort eröffnete mir der Controller, dass bei FL 190 sein Sektor endet und er deshalb und wegen des hohen Verkehrsaufkommens keine weitere Freigaben mehr geben könne. Na gut, dachte ich. Ich war hochzufrieden mit dem Service von München Radar.
 

Die Aussicht auf FL 185: Unbeschreiblich!
Die Aussicht auf FL 185: Unbeschreiblich!

In der gleichen Zeit, in der ich bis FL 190 stieg, haben mehrere andere Segelflieger ebenfalls versucht, eine Freigabe für den Luftraum Charlie zu bekommen. Die Antwort des Controllers war aber stets: „Due to heavy traffic load, there are no clearences for airspace charlie possible! Sorry!” Was denken wohl diese Piloten jetzt? Auf der einen Seite abgewiesen zu werden, auf der anderen Seite aber zuhören zu müssen, wie ein anderer Pilot eine Freigabe nach der anderen bekommt? Ich wischte diesen Gedanken beiseite. Nächstes mal bin ich vielleicht der Unglückliche.
 

Freigabe durch München Radar bis FL 190, das Steigen mußte danach weggedrückt werden und... Klappen ziehen! Aber nur -11,2 Grad Außentemperatur.
Freigabe durch München Radar bis FL 190, das Steigen mußte danach weggedrückt werden und… Klappen ziehen! Aber nur -11,2 Grad Außentemperatur.

Da meine Flugzeit begrenzt war und ich wieder gegen den Wind nach Bamberg zurück fliegen mußte, entschloß ich mich, meine Höhe abzubauen und sobald ich wieder unter den Wolken war ein „direct to EDQA“ zu requesten. Dieses wurde, ohne zu zögern, vom Controller genehmigt. Also, ab nach hause! Der Gegenwind war bis auf 80 km/h angewachsen. Schon nach kurzer Zeit war mir klar, ich würde Bamberg nicht im Segelflug erreichen. Ich flog in Richtung Coburg, um dort über dem Flugplatz mein Triebwerk zu starten. Augenblicklich sprang es an, um … nach wenigen Sekunden wieder auszugehen. Was lief falsch? Was hab ich übersehen? 2. Versuch! Schon nach wenigen Zündungen blieb das Triebwerk wieder stehen, bei einem 3. Versuch zündete das Triebwerk gar nicht mehr. Schöne Sch… dachte ich. Aber da kam mir auch schon Plan B in den Sinn. Fliege dein Flugzeug! …. und lande in Coburg! Die daraus sich ergebenden Probleme schob ich augenblicklich zur Seite und brachte erst mal den Vogel sicher auf die Erde. Eine Untersuchung des Antiebssystems ergab, dass die Sauerstoffflasche des zweitten Sauerstoffsystems auf dem Brandhahn zu liegen kam und diesen im Flug verschloß. Der Motor bekam beim Startversuch in der Luft also keinen Sprit mehr. Wissend, dass es sich nicht um einen essentiellen Fehler handelte, öffnete ich den Brandhahn und startete wieder Richtung Bamberg.
 

Blick nach Nordwesten. Später zoge die Wolken zu und ich musste einen Abstieg durch die Wolkenbänke suchen.
Blick nach Nordwesten. Später zoge die Wolken zu und ich musste einen Abstieg durch die Wolkenbänke suchen.

Hier gibt es ein kleines Video von dem Flug: https://www.youtube.com/watch?v=DFNIQ6FmtnM

Kein Flug ist wie ein anderer. Es gibt immer neue Herausforderungen!
Ich liebe es!

Gerhard
D-KEBU

Hier nochmals der Link zum Flug vom 15.11.2020: https://www.youtube.com/watch?v=ZH8WJ-H1gD0
Und vom 19.11.2020: https://www.youtube.com/watch?v=tQpmzyKHOuA
 

Die obere Wolke fängt bei ca FL 200 an. Ich war deshalb nicht böse, daß ich nur bis 190 steigen durfte.
Die obere Wolke fängt bei ca FL 200 an. Ich war deshalb nicht böse, daß ich nur bis 190 steigen durfte.

 

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